Interviews

Interview lifenet.ch/2004
In welchem Alter haben Sie Ihre Schreibkarriere ungefähr begonnen? ( Haben Sie schon immer geschrieben? Oder wann hat es „klick“ gemacht?)
Soweit ich mich erinnern kann, habe ich mir schon immer Geschichten ausgedacht. Bevor ich schreiben konnte, habe ich sie einfach gezeichnet, so gut ich es eben konnte als kleines Kind. Mein erstes Büchlein schrieb ich mit ungefähr sechs Jahren. Es war ein kleines Bilderbuch – rechts zeichnete ich ein Bild, links bastelte ich ein paar Buchstaben zusammen. Den ersten „Roman“ schrieb ich dann mit neun Jahren, den zweiten – schon etwas dicker – mit zehn. Ich wusste also schon als Kind, dass ich eines Tages Schriftstellerin werden will. Ich habe nie daran gezweifelt.
Worüber haben Sie in Ihren ersten Geschichten geschrieben? Können Sie uns einen kleinen Einblick geben?
Ganz früh in meiner Kindheit haben mich die Trickfilmserien „Biene Maja“, „Heidi“ oder „Wickie“ inspiriert. Ich habe mir mit diesen Figuren einfach eigene Geschichten ausgedacht. Das erste Bilderbuch (siehe oben) handelte von „Sindbad“. Später entwickelten mein Bruder und ich eigene Figuren, die wir „Flössli“ nannten. Wir spielten diese Geschichten in allen Varianten, und mit neun machte ich daraus einen Roman. Leider verunglückte mein Bruder tödlich, als ich zehn war. Das war sehr tragisch, aber ich gab unsere Geschichten trotzdem nicht auf und erfand noch neue dazu. Mit etwa zwölf Jahren entstanden die Geschichten um Maya und Domenico. Während ich mit meinem Bruder eher Fantasy-, Abenteuer- und Science-Fiction-Geschichten erfand, schrieb ich in meiner Teenager-Zeit mit Vorliebe Love-Stories.
Ihr Roman ist noch nicht lange erschienen – was war das für ein Gefühl, mit einem selber geschriebenen Buch in der Hand?
Das war wirklich grossartig! Wenn man schon als Kind Geschichten schreibt, stellt man sich doch immer vor, wie es wäre, sie als richtiges Buch in den Händen zu halten. Ich habe mir damals notdürftig mit Karton und Papier meine „Bücher“ zusammengebastelt. Da in den 80iger-Jahren ein Computer noch keine Selbstverständlichkeit war, musste ich sie von Hand schreiben. Auch die Umschläge habe ich selber gemalt und mir dabei immer gewünscht, sie auch so toll hinzukriegen wie auf den richtigen Büchern. Das war natürlich noch nicht möglich. Und wenn man dann nach all den Jahren endlich ein richtiges Buch in den Händen hält, ist das so was w ie ein „historischer Augenblick“ im Leben.
Wann oder warum kamen Sie auf die Idee der Geschichte mit Domenico und Maya?
Da kamen so viele Faktoren zusammen. Ganz am Anfang, ungefähr mit zehn Jahren, dachte ich mir abends vor dem Einschlafen Geschichten über einen verrückten Jungen aus, der die ganze Schulklasse mit seinen Heldentaten auf den Kopf stellte. Okay, das war noch ein bisschen sehr Fantasy-Zeug. Später dann hatte ich eine sehr geheimnisvolle Freundin. Sie war Sizilianerin, doch sie redete nie über sich selbst und über ihr Leben ausserhalb der Schule. Gerade deswegen faszinierte sie mich so. Ihr älterer Bruder hieß Domenico, und als ich den Namen zum ersten Mal hörte, schlug es bei mir ein wie eine Bombe. Ich kann es nicht erklären, aber ich wusste einfach, dass der Junge aus meiner Geschichte zukünftig auch so heissen würde. Und das Geheimnisvolle erhielt er von meiner Freundin. Später bekam Domenico einen Zwillingsbruder – Mingo. Das war zu der Zeit, als ich anfing, mich mit Themen wie Drogenproblematik auseinanderzusetzen und das Buch „Die Kinder vom Bahnhof Zoo“ las. Ich selbst hatte nie mit Drogen zu tun, aber das Thema selbst beschäftigte mich so sehr, dass ich darüber schreiben wollte. Auf der anderen Seite ist Maya – das krasse Gegenteil von Domenico und Mingo. Sie ist teilweise ein Abbild von mir selbst, von meinen Gefühlen und Gedanken aus meiner Teenagerzeit. Je älter ich wurde, um so mehr entwickelte ich die Geschichte in meinen Gedanken weiter und schrieb sie immer wieder neu auf. Mit fünfzehn schloss ich einen 500-seitigen Roman ab. Jahre später, als ich erwachsen war und nicht mehr so sehr an die Geschichte dachte (weil ich mittlerweile neue erfunden hatte), fiel mir das Buch wieder in die Hände. Ich lag gerade mit einer Grippe im Bett und las es durch – und da war es um mich geschehen. Mensch, dachte ich, daraus könntest du doch nochmals was machen! Und so hat alles wieder begonnen…
Wie gingen Sie bei der Verlegersuche vor? Was können Sie diesbezüglich jungen Schreiberlingen raten?
Ich habe erst mal bei den bekannten Jugendbuchverlagen angefangen und bekam die üblichen Absagen. Dann habe ich das gemacht, was ich schon als Kind getan hatte: Das Manuskript so gestaltet und zusammengebunden, dass man es wie ein richtiges Buch in die Hände nehmen konnte. Auf einen Verlag hat das ziemlich Eindruck gemacht. Ich bekam zwar auch dort eine Absage, jedoch mit einer positiven Bemerkung. Ich habe dann kurzerhand zum Telefon gegriffen und den zuständigen Lektor angerufen. Okay, kurzerhand ist übertrieben, es hat mega Mut gekostet! Aber ich wollte einfach wissen, was ich an meinem Manuskript verbessern könnte. Der Lektor nahm sich daraufhin sehr viel Zeit und gab mir einige wertvolle Tipps. Das ist nicht selbstverständlich. Also beschloss ich, das Ganze nochmals zu überarbeiten. Ich erstellte auch einen Fragebogen und gab meiner kleinen Schwester das Buch mit in die Schule, wo sie es ihren Schulkollegen zum Lesen gab. Die mussten mir dann den Fragebogen mit ehrlichem Feedback ausfüllen. Auf einige weitere Tipps meiner Freunde begann ich mit einer dritten Überarbeitung und gestaltete ein neues Titelbild – mittlerweile hatte ich ja endlich die Computerausrüstung dafür. Mit dem neuen B uch und Cover und den ausgefüllten Fragebögen ging ich dann ein zweites Mal auf den Verlag zu. Ich wartete ein halbes Jahr, bis ich die Zusage bekam, und wäre vor Freude fast an die Decke gegangen. Also, diesbezüglich kann ich nur raten: Gebt eure Manuskripte unbedingt euren Freunden zu lesen und bittet sie um ein ehrliches Feedback! Und nehmt euch Kritik zu Herzen, prüft sie. Das tut manchmal weh, aber meistens ist sie nämlich berechtigt. Es gibt echt nur eines: Dranbleiben! Die Verlage werden mit Manuskripten überflutet, und wer nicht auffällt, geht unter…
Was raten Sie allgemein jungen Leuten, die gerne einen Roman schreiben möchten?
Zuerst einmal: Viel lesen! Durchs Lesen bekommt man ein Gefühl für Sprache, Aufbau und Spannung von Geschichten. Vor dem Schreiben sollte man sich unbedingt einen Plan machen, worum es in der Geschichte gehen soll, was sie aussagen soll, wie sie sich entwickeln und wo sie enden soll. Ich machte früher oft den Fehler, dass ich einfach mal anfing, ohne das Ende zu kennen. Als Resultat verhedderte ich mich total und musste von vorne beginnen. Die Gefühle der Figuren, die Handlungen und die Folgen einer Handlung müssen unbedingt realistisch und begründbar sein. Je lebendiger und interessanter die Figuren ausgearbeitet sind, desto spannender wird die Geschichte. Es ist nicht immer Action, die eine Spannung erzeugt, sondern auch die Gedanken, Gefühle und Konflikte einer Figur, die sich in einem Entwicklungsprozess befindet. Das ist überhaupt auch unheimlich wichtig: Dass die Figuren sich weiterentwickeln und am Ende der Geschichte nicht mehr dieselben sind wie am Anfang.
Sind Sie beruflich nur noch mit Schreiben beschäftigt? Wenn nein, was tun Sie sonst noch? Wenn ja, wie sieht Ihr Tagesablauf aus?
Nein, leider kann ich noch nicht vom Schreiben leben. Ich stehe ja erst am Anfang, und der Markt ist hart. Es gibt einfach zu viele Bücher. Aber auch hier gilt wieder: Dranbleiben! Ich habe immerhin das Glück, dass ich einen tollen Beruf habe: Webdesignerin. Das heisst, ich gestalte und programmiere Internetseiten, aber auch Printmedien wie Magazincover, Inserate, Flyer, Poster und was dazu gehört. Ich habe mir sozusagen als Quereinsteigerin den Beruf einer Grafikerin angeeignet. Dies gefällt mir sehr gut, weil ich das Gestalten genauso gern mag wie das Schreiben. Natürlich arbeite ich nicht vollzeitlich, sonst käme ich ja nicht mehr zum Schreiben. An meinem „Schreibtag“ stehe ich so früh wie möglich auf, bete erst mal ’ne Runde und setze mich dann an den Computer. Dann wird auch nichts anderes erledigt, Rechnungen, Telefone, E-Mails usw. müssen einfach warten. An diesem Tag hat das Schreiben absolute Priorität.
Woran schreiben Sie im Moment? Können Sie uns ein wenig über einen zweiten Roman verraten?
Im Herbst 2006 wird Maya und Domenico II auf den Markt kommen, den ich mittlerweile zu Ende geschrieben habe, und danach wird es noch einen dritten Teil geben. Damit werde ich demnächst beginnen. Was nachher kommt – wer weiß? Ich habe viele Ideen, und es stecken noch mehr Geschichten in meiner Schublade. Aber womit ich dann beginnen werde, kann ich jetzt noch nicht genau sagen.
Werden Sie weiterhin in Richtung Jugendliteratur tätig sein? Oder welche Bereiche interessieren Sie sonst noch?
Ich denke, es wird darauf hinauslaufen, dass ich hauptsächlich für junge Leute schreiben werde. Die Welt der Jungen ist oft so viel aufregender als die der Erwachsenen. Junge Leute stecken noch voller Träume, Energie und Romantik, während viele Erwachsene (zum Glück nicht alle!) abgestumpft sind vom Leben. Der andere Bereich, der mich sehr interessiert, sind natürlich Fantasy- und Abenteuer-Geschichten. Da habe ich ja auch schon einiges zusammenphantasiert. Aber auch dort sind die Hauptdarsteller in jugendlichem Alter…
Mehr Interviews: