Tipp 4: Die Hauptkonflikte finden

Jede gute Geschichte besteht aus Konflikten. Du kannst keine Geschichte schreiben ohne einen Konflikt. Irgendwas muss passieren. Stell Dir vor, Du liest ein Buch, in dem alles einfach nur rund läuft. Alles klappt wie am Schnürchen, jeder Tag ist nur eitel Sonnenschein, keiner streitet sich, jeder ist mit allem einverstanden, was der andere tut, keiner macht einen Fehler, keiner muss irgendwas lernen … und die unvermeidliche Liebesgeschichte würde natürlich auch auf Anhieb klappen. Wäre das nicht eine furchtbar langweilige Geschichte? Kein Mensch würde ein solches Buch lesen wollen.
Nein, wir wollen Bücher lesen, in denen der Held oder die Heldin zuerst einen Kampf ausfechten muss, bevor er/sie einen glorreichen Sieg erringt. So wie wir manchmal in unserem täglichen Leben 🙂 Die meisten unserer Leben – selbst wenn wir ein verhältnismässig glückliches und erfülltes Leben führen – sind von kleineren oder grösseren Herausforderungen, Konfrontationen und Kämpfen begleitet. Und ist es nicht so, dass wir sehr oft die Bücher am meisten lieben, in denen wir uns in irgendeiner Form selber wiederfinden? Mir ergeht es jedenfalls so.
Also brauchst Du für Deine Geschichte Konflikte. Das können ganz verschiedene Dinge sein: Ein Rätsel, das gelöst werden muss. Eine unerfüllte Liebe. Eine Freundschaft, die zerbricht. Der Kampf gegen eine Krankheit. Ein Todesfall. Oder es darf auch umgekehrt sein: Zwei Feinde, die durch ein gemeinsames Erlebnis zusammengeschweisst werden. Jemand, der von einer schlimmen Krankheit genest. Zwei Liebende, die nach einer langen Berg- und Talfahrt an Hindernissen und Hoffnung endlich zusammenkommen (aber der Leser möchte natürlich auf die Berg- und Talfahrt mitgenommen werden 🙂 ).
Meistens hat eine Geschichte einen Hauptkonflikt und mehrere Nebenkonflikte. Damit Du dem roten Faden folgen kannst, tust Du gut daran, Dir zu überlegen, aus welchen Konflikten Deine Geschichte besteht. Das wird Dir helfen, diese richtig herauszuarbeiten und beim Schreiben in die gewünschte Richtung zu steuern.
Als Beispiel zeige ich Dir anhand meiner Bücher „Maya und Domenico“ und „Time Travel Girl“ auf, was ich mit solchen Konflikten meine:
Maya und Domenico, Band 1:

  • Hauptkonflikt
    Liebe: Die wohlbehütete Maya und der Herumtreiber Domenico verlieben sich ineinander
  • Nebenkonflikt 1
    Mobbing: Maya wird von ihren Schulkameraden gehänselt
  • Nebenkonflikt 2
    Eltern: Maya muss sich gegen ihren strengen Vater durchsetzen
  • Nebenkonflikt 3
    Drogen: Domenicos Zwillingsbruder hat Drogenprobleme
  • Nebenkonflikt 4
    Jähzorn: Domenico bringt sich mit seinem Jähzorn in Schwierigkeiten

In Time Travel Girl habe ich sogar zwei Hauptkonflikte: Hier geht es einerseits um die Sache mit der Wissenschaft und der Zeitreise, und zum anderen spielt auch da eine Liebesgeschichte eine tragende Rolle. Daher würde ich meinen, sieht es bei Time Travel Girl etwa wie folgt aus:
Time Travel Girl, Band 1:

  • Hauptkonflikt 1
    Zeitreise: Zac erfindet eine Zeitmaschine und versetzt Lisa in die Zukunft
  • Hauptkonflikt 2
    Liebe: Lisa ist unsterblich in Momo verliebt, der ihre Liebe jedoch nicht erwidert
  • Nebenkonflikt 1
    Zukunft: Lisas zukünftiges Ich begegnet ihr
  • Nebenkonflikt 2
    Familie: Lisas Familie wendet sich gegen sie und will sie abschieben
  • Nebenkonflikt 3
    Feind: Der böse Professor Ash will die Zeitmaschine stehlen

Vermutlich gäbe es noch mehrere Nebenkonflikte zu entdecken. Die Kunst besteht nun darin, diese ineinander zu einer schlüssigen und spannenden Geschichte zu verweben. Und da fängt die Denkarbeit an. Aber wenn Du erst mal die Konflikte in Deiner Geschichte klar vor Dir siehst, hast Du schon einen grossen Schritt getan.
Letzte Änderung: 26. April 2017